Steueramnestie – Goldene Brücke oder Falle?

Das so genannte Steueramnestiegesetz, das zum 01.01.2004 in Kraft getreten ist, ermöglicht dem „Steuersünder“ durch das Nacherklären von bisher nicht erklärtem Einkommen Straffreiheit zu erlangen und lediglich geringe pauschale Steuern zu bezahlen.

Bis zum 31.12.2004 hat der Steuerpflichtige z.B. bei Einkommen, die der Einkommenssteuer unterliegen, lediglich pauschal 25% Steuern auf die Bemessungsgrundlage von 60% zu zahlen, das heißt auf 100.000,00 EUR nicht erklärten Kapitalertrag sind 15.000,00 EUR Steuern nachzuzahlen, wenn das Steueramnestiegesetz in Anspruch genommen wird.

Vom 01.01.2005 bis zum 31.03.2005 beträgt die pauschale Steuer 35% auf die jeweilige Bemessungsgrundlage. Im vorgenannten Beispiel wären insofern 21.000,00 EUR Steuern nachzuzahlen.

Für denjenigen, der das Steueramnestiegesetz in Anspruch nehmen will, ist insoweit Eile geboten, damit der günstige Steuersatz von pauschal 25% auf die jeweilige Bemessungsgrundlage noch in Anspruch genommen werden kann. Sowohl die strafbefreiende Erklärung als auch die nachzuzahlende Steuer müssen bis zum 31.12.2004 bei dem zuständigen Finanzamt unter Verwendung des amtlich vorgeschriebenen Vordruckes eingegangen sein.

Nach allgemeiner Meinung ist das Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit (StraBEG) ohne die Hilfe eines in Steuer- und Rechtsfragen kundigen Beraters eine gefährliche Falle für den „Steuersünder“. Unliebsame Folgen einer falsch ausgefüllten Strafbefreienden Erklärung können die Strafbarkeit der Steuerhinterziehung oder das Nachzahlen des Regelsteuersatzes nebst Zinsen und Säumniszuschlägen sein. Im Detail stecken viele Probleme, wie z.B. die generelle Anwendbarkeit, der Täterkreis oder die formalen Anforderungen der Steueramnestie.

Das vorgenannte dürfte ein Grund dafür sein, dass die Mehreinnahmen, die sich der Bundesfinanzminister in Höhe von 5 Milliarden EUR erhofft hat, bisher deutlich hinter den Vorstellungen zurückgeblieben sind. Bis Juli 2004 sind erst 400 Millionen EUR in die Kasse des Bundes geflossen. Bis Ende des Jahres 2004 werden 1 Milliarde EUR erhofft.

Ein weiterer Grund dafür, dass das Steueramnestiegesetz bisher nicht in dem erwarteten Umfang in Anspruch genommen wurde, ist, dass das Gesetz wenig bekannt ist.

Zudem wiegen sich viele Steuerhinterzieher in Sicherheit, obgleich das Bankgeheimnis in Deutschland ab 2005 nahezu abgeschafft wird. Geld auf ausländischen Konten ist zwar relativ sicher, jedoch wird in den nächsten Jahren in den meisten Ländern eine Kapitalertragssteuer / Quellensteuer eingeführt, so dass de facto unter Berücksichtigung der hohen Depotgebühren kein Steuervorteil mehr besteht. Des Weiteren kann das Schwarzgeld – gerade größere Mengen – nur schwer wieder „weiß“ gemacht werden. Wenn ein Erbfall eintritt, werden die Erben geradezu in die Illegalität getrieben.

Dabei stellt das Steueramnestiegesetz eine vielleicht einmalige Möglichkeit dar, zum einen Straffreiheit zu erlangen und zum anderen lediglich geringe pauschale Steuern abführen zu müssen. Selbst die deutsche Steuer-Gewerkschaft (DSTG) attestiert, „dass man nur jedem raten kann, dieses einmalige Sonderangebot des Staates zu nutzen. Wirtschaftlich ist die Steueramnestie ein Schnäppchen. Die Amnestie ist im Regelfall drei- bis fünfmal günstiger als die herkömmliche Selbstanzeige.“

Zwischenzeitlich hat das Bundesfinanzministerium Richtlinien erlassen, wie die Finanzämter das Steueramnestiegesetz handhaben müssen, die erstaunlich freundlich für den Steuerpflichtigen sind.

Mit fachkundiger Beratung können die Risiken des Steueramnestiegesetzes beseitigt werden, so dass eine „goldene Brücke“ zur Steuerehrlichkeit in einer sich dramatisch veränderten Welt der Kontrollmöglichkeiten darstellt. Das Bankgeheimnis wird es auf Grund mehrerer Gesetzgebungsnovellen in 2005 quasi nicht mehr geben, so dass der gläserne Steuerbürger weitestgehend Realität werden dürfte.

Insofern kann „Steuersündern“ nur geraten werden, sich hinsichtlich des Steueramnestiegesetzes beraten zu lassen und das Steueramnestiegesetz möglichst bis zum 31.12.2004 – spätestens jedoch bis zum 31.03.2005 – in Anspruch zu nehmen.

[Update 31.12.2008] Der Autor war nunmehr in mehreren Steueramnestieverfahren beratend tätig und hat durchweg positive Erfahrungen mit dem Steueramnestiegesetz gemacht. Insbesondere die Möglichkeit, die eigene strafbefreiende Erklärung mit einem Einspruch anzufechten, soweit unklar ist, ob Einnahmen überhaupt zu versteuern waren, eröffnet interessante Gestaltungsmöglichkeiten: Es ist hierdurch die Gewähr gegeben, dass zum einen Straffreiheit eintritt und zum anderen möglichst geringe Steuern gezahlt werden müssen.
Michael Wieck
Rechtsanwalt in Hannover
07.01.2005